Danke Tetra, wieder ein Aquarium zum tunen!
Wenn ich eins von der heutigen Werbung gelernt habe, dann ist es das, dass sie aggressiv sein muss sowie über Emotionen und Suggestion abläuft. Was aber nicht unbedingt heißen muss, dass die Produkte, die es zu bewerben gilt, etwas taugen müssen.
Irgendeine deutsche Autobaufirma forderte seinerzeit einmal die Japaner dazu auf, ein neu auf den Markt gebrachtes Auto nachzubauen. Zitat:“Hallo Japaner, wieder ein Auto für Euch zum nachbauen.“ Das ist frech, drückt aber gleichzeitig den Unmut darüber aus, das ein Unternehmen entwickelt und andere davon profitieren, indem sie nachbauen. Soweit möchte ich gar nicht gehen, im Gegenteil, ich mache mir nur bestimmte Produkte der Industrie zunutze, bei denen die Voraussetzungen für eine professionelle Nutzung nicht gegeben sind.
Professionelle Nutzung nicht möglich
In der Aquaristik betrifft es speziell Aquariumabdeckungen und deren Beleuchtungskapazitäten. Gäbe es hier so eine Institution wie die Stiftung Warentest, würden wohl ausnahmslos alle Hersteller von konventionellen Abdeckungen durchfallen. Im unteren Preissegment, das heißt, den so genannten Einsteigersets, fällt diese besonders gravierend auf.
60er-Sets sind so ein Einstieg in die Aquaristik. Ab ca. 39,- Euro aufwärts sind sie zu haben. Was keiner der Käufer weiß, ist, dass ihr billig erstandenes Set in der Wurzel nichts taugt. Es spielt keine Rolle, ob es eine bestimmte Marke ist oder für ein bestimmtes Unternehmen produziert wurde. So lange der Inhalt, sprich die Röhrenanzahl der Abdeckung, Minimum Eins beträgt, die Höhe des Aquariums unverhältnismäßig zur Beleuchtungsintensität steht, der Filter immer am Limit (Maximum) arbeiten muss, wird der Einstieg in die Aquaristik von Rückschlägen gezeichnet sein!
Es sei denn, der Kunde wird von Anfang an darauf aufmerksam gemacht, indem man ihm Optionen anbietet.
Anbieten von Optionen
Optionen bedeuten jedoch nicht zweiflammige Sets mit drittklassigen Leuchtstoffröhren – aber erstklassigen Fotos auf dem Umkarton. Tauscht man die Röhren gegen hochwertigere aus, wachsen anspruchslose Pflanzen recht gut. Ein Naturaquarium mit üppigem, anspruchsvollem Pflanzenwuchs bleibt trotzdem ein Traum. Also was tun? Aufrüsten heißt die Devise!
Tetra AquaArt-Aquarium
Innovative Technik und prämiertes Design ließen mich beim neuen Tetra AquaArt-Aquarium aufhorchen und das besagte Produkt näher untersuchen. Bei genauer Betrachtung fiel mir auf: Es hatte Schwachstellen. Wie jedes seiner Mitbewerberprodukte erschien mir die Beleuchtung im Verhältnis zur Aquariumhöhe – 35cm – etwas spärlich. Auch das Filtervolumen galt es aufzustocken. Wie? Das möchte ich am Tuning eines Tetra-Aquariums demonstrieren.
Danke Tetra, wieder ein Aquarium zum tunen!
Als erstes werde ich aus der ursprünglich einflammigen Beleuchtung eine dreiflammige machen. Die Konstruktion des Lichtkastens und seiner schwenkbaren Futterluken ist förmlich dafür prädestiniert, wobei deren Funktion weitestgehend erhalten bleiben soll.
Man nehme einen Doppelbausatz der Firma Hagen. Das ist eine elektronische Betriebseinheit für zwei Leuchtstoffröhren á 20W, zwei Reflektoren der Firma Juwel und zwei Leuchtstoffröhren á 15W Arcadia – Freshwater der Firma Arcadia. So haben alle Firmen etwas davon – so richtig multikulturell. Das Ganze wird feinsäuberlich an den besagten Luken verschraubt. Dazu müssen wir leider vier kleine Löcher in die schöne Abdeckung bohren. Die aufgehende Sonne im Inneren wird uns darüber hinwegtrösten.
Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich
Der Originalfilter vom Tetra AquaArt-Aquarium erschien mir etwas zu schmalbrüstig. Mit seinem Filtervolumen von circa – lassen wir es 1 Liter sein – wollte ich mich nicht zufrieden geben. 9 Liter Brutto erschienen mir dagegen schon angemessener. Effizient nutzbar und mit Filtermedien bestückt sind es 3,85 Liter. Das würde ausreichen, um ein 200 Liter-Aquarium zu filtern. Wir dagegen haben ein 60er Tetra AquaArt-Aquarium. Da kann auf jeden Fall nichts schief gehen. Zu Demonstrationszwecken werde ich den Filter transparent lassen. So kann man wunderbar die Technik (Heizstab und Förderpumpe) und den Aufbau des Filters sehen. Aquaristik ohne Geheimnisse – vielleicht sogar der Grundstein für Nachfolgendes.
Die anderen kochen auch nur mit Wasser
Falls Sie bisher gedacht haben, ich wolle nur Tetra vorführen, so stimmt das nicht ganz. Alle anderen Hersteller von Komplettsets können sich ebenfalls angesprochen fühlen. Nahezu alle 60er Sets lassen sich tunen. Das Argument, ein größeres Set zu nehmen, in dem von Haus aus schon eine zweiflammige Beleuchtung vorhanden ist, würde nur eine Multiplikation des Kleinen bedeuten. Der ungünstige Lichtfaktor bleibt derselbe. Bleibt nur noch die Argumentation mit Hilfe des Preises: „Was haben Sie für wenig Geld erwartet? Doch nicht etwa ein erstklassiges Produkt?“ „Eigentlich schon!“ Das Bild auf der Verpackung sah so gut aus – ein richtig schön bepflanztes Aquarium!
„Träumen Sie weiter“
Das Bild auf dem Karton stammt von einem frisch eingerichtetem Tetra AquaArt-Aquarium, das zu Fotozwecken zusätzlich angestrahlt wurde. Das Gesetz der Wirtschaft verbietet es, ein hochwertiges Produkt für wenig Geld zu verkaufen. Ich denke, das versteht jeder. Jedoch gibt es noch ein Gesetz – das der Moral, das nur allzu schnell über Bord geworfen wird. Normalerweise sollte dieses Gesetz an die Hersteller appellieren, ihre Produkte nicht besser zu machen, als sie es sind.
Tetra AquaArt-Aquarium – Innovative Technik und prämiertes Design
Ein Designerpreis ist noch lange nicht ein funktionierendes Endprodukt. Prämiertes Design täuscht über Funktion hinweg und ist lediglich ein ästhetisches Empfinden. Wenn die Zielgruppe das kaufbewusste Publikum ist, hat diese genauso ein Recht darauf, fair behandelt zu werden. Stattdessen tut unsere Industrie alles, damit genau diese Klientel dauerfrustriert bleibt und nicht versteht , warum ihr Aquarium nicht funktioniert oder nur eingeschränkt funktionieren kann. Hier bekommt doch jeder weniger grob strukturiert denkender Mensch sofort den Eindruck, dass das Ganze von ein paar klugen Köpfen gesteuert wird.
Seit mindestens zwei Jahrzehnten werden diese 60er-, 80er- und 100er-Sets gebaut sowie das Design nur unwesentlich geändert. Die Beleuchtung blieb völlig unberührt – Was ist los meine Damen und Herren – fällt Ihnen nichts mehr ein oder interessieren hier wirklich nur Abverkaufszahlen?
Oder kostet das Werkzeug so viel, um eine derartige Abdeckung in Plastik nicht herstellen zu können? Bestimmt nicht, denn das gesamte Innere können Sie direkt weglassen. Vermutlich wird die Abdeckung in einem Spritzgussverfahren hergestellt. Wo liegt da jetzt das Problem?
Doch halt, stopp – da fällt mir ein, es gibt doch schon 60er-Abdeckungen, in denen das Beleuchtungsmodul herausnehmbar ist. Wenn ich mich recht erinnere, waren das Lichtkästen von Bioplast und Müller & Pfleger. Nur die Zirkulation muss noch verbessert werden. Ein weiteres Manko bei vielen Abdeckungen, die direkt auf die Aquarienoberkante aufgesetzt werden, die an der Außenkante der Scheiben entlanglaufen. Hässliche Kalkstreifen bleiben zurück – warum? Weil die Tropfkante der Abdeckung nicht stark genug abgewinkelt ist. Wodurch entsteht so etwas? Kapillarität – also eigentlich eine Fehlkonstruktion!
Schlimmstenfalls trägt der Unterschrank die Konsequenzen davon. Das kann auch nicht der Rahmen unter dem Aquarium verhindern, der eine schmale Rinne in seinem Profil aufweist – irgendwann ist auch die voll. Ach so, ich vergaß, so lange steht das Aquarium ja gar nicht – Denn es steht bereits im Keller – warm und trocken. Von zehn Neuanfängern bleibt einer dabei, der sich ein größeres Volumen kauft – das ist eine bemerkenswerte Quote.
Verbesserte Bedingungen
Es gibt bestimmt Menschen, die ihr 60er-Set unter anderen Bedingungen weiterbetreiben würden, aber aufgaben, weil keine Alternativen angeboten werden. Damit dies keine Dauerzustand bleibt, möchte ich einfach ein paar Dinge verbessern und so einigen Menschen zu einem zufriedenstellenden Hobby verhelfen.
Nebenbei bemerkt – keiner kommt zu Schaden. Der Kunde ist glücklich und die Industrie ist über Zusatzverkäufe zufrieden, was letztere doch schon wieder mit einem Augenzwinkern quittieren werden. Meine Designerdienstleistung würde ich sehr gern der Industrie zur Verfügung stellen. Vielleicht ist dann in Zukunft ein vierflammiges 60er-Set denkbar…
Stellt sich abschließend nur noch die Frage, wie wird jetzt jeder einzelne Hersteller darauf reagieren, ganz speziell Tetra? Muss ich jetzt mit einer Klage rechnen, werden sich einige Firmen mit mir in Verbindung setzen oder beginnt jetzt eine Flut von Begründungen, Rechtfertigungen und so weiter? Meine Damen und Herren, nehmen Sie mir es bitte nicht übel, aber über zehn Jahre Zoohandel lassen nicht nur bei Kunden Frustration entstehen, sondern auch bei den Verkäufern und Zoohändlern. Wenn man permanent die Produktionssünden der Industrie korrigieren muss, davon kann sich leider keiner von Ihnen freisprechen, dann bekommt man so seine Zweifel. Ich möchte alles andere als der ERFÜLLUNGSGEHILFE der Industrie sein.
Erfahrungen machen kann dauern
Das zu erkennen, hat bei mir 40 Jahre gedauert. Vorher orientierte ich mich an dem, was da war. Wenn da nicht eines Tages ein Japaner aufgetaucht wäre, der so eine völlig andere Aquaristik betrieb. Seine Aquarien sind wunderschön bepflanzt und extrem hell beleuchtet. Der bede-Verlag und andere haben sogar Bücher darüber veröffentlicht. Die einzige, die diesen Mann nicht so richtig wahrgenommen hat, ist offenbar unsere Industrie. Zumindest nicht, was seine 60er-Abdeckungen betraf. Denn es ist bereits einige Jahre her, seit ich eines dieser Bücher zum ersten Mal in den Händen hielt.
Licht
Viermal 20 W über einer 60 X 30 cm Grundfläche. Das hatte Charakter, ganz zu schweigen von den Pflanzen, die darunter gepflegt wurden. Spätestens an diesem Aquarium merkte ich, wie weit wir davon entfernt waren. Diesen Zustand galt es abzustellen und von Stund an sann ich darüber nach, wie man konventionelle Lichtkästen und Aquarien tunen kann, die dem heutigen Anspruch genügen.
Das Ergebnis sehen Sie heute.
Nachsatz!
Nach dem ich mit der Einrichtung des Cubes fertig war und die gesamte Technik angeschlossen hatte, kam jetzt der Moment der Inbetriebnahme für das modifizierte Tetra AquaArt-Aquarium. Das alles funktionieren würde, stand außer Zweifel. Womit ich nicht gerechnet habe, war der Vorher-Nachher-Effekt. Schaltet man nur die Originallampe vom Tetra AquaArt-Aquarium ein, wirkt die Einrichtung eher gespenstisch. Eine Freundin benutzte einmal die Aussage: „Sieht ja aus wie eine Räuberhöhle.“ Schlagartig war ich ernüchtert und versuchte mir vorzustellen, wie es wohl anderen Aquarianern gehen würde – Enttäuschung pur. Werden die beiden zusätzlich eingebauten Leuchtstoffröhren eingeschaltet, dann geht in dem Aquarium die Sonne auf.
Nach Licht kommt nochmal Licht
Der Unterschied war derartig gravierend, dass ich mich gefragt habe, wie viel Frechheit muss man besitzen, um ein Aquarium mit so wunderbaren Worten wie innovative Technik und prämiertes Design zu versehen? Die Bezeichnung „Einsteiger-Set“ halte ich für nicht richtig – Aussteiger-Set wäre da schon eher zutreffend. Wie sollen sich beim Neueinsteiger Anfängererfolge abzeichnen, wenn die Industrie dem Fachhandel nicht vernünftiges Equipment zur Verfügung stellt?
Eine alte Weisheit besagt, dass Unwissenheit ein Segen ist. Segen für wen? Ich glaube, der Fachhandel wird schlichtweg nur benutzt und das schon seit Jahrzehnten. Es wird Zeit, dass wir der Industrie mal ein wenig auf die Finger klopfen und deutlich machen – so nicht. Wir als Einzelhändler haben dies schon begriffen, denn die Rache des Kunden ist gewiss, wenn er merkt, dass das Produkt nicht hält, was versprochen wurde. Er geht zum Nächsten. Das können wir auch!
Abschließend bleibt noch zu bemerken, dass die klappbare Abdeckung des Tetra – AquaArt Aquariums nicht durchdacht ist. Jedes Mal, wenn diese am nächsten Morgen aufgeklappt wird, ergießt sich das Kondenswasser, das sich über Nacht im Deckelinneren gesammelt hat, über die Rückwand des Aquariums – trotz oberer Umrandung! Welch ein Dilemma! Also lieber erst am Nachmittag oder Abend füttern, dann ist das Wasser verdunstet. Übrigens, Tetra hat kurze Zeit später reagiert – mit der Erwirkung eines Schreibverbotes für meine Person. Soviel zu Meinungsfreiheit.