Aquariumtuning

„Waterhome, die Schallmauer ist durchbrochen”.

Was für einen Grund oder Rechtfertigung kann es geben, ein altes oder neues Aquarium tunen zu wollen? Ganz einfach – seine Unvollkommenheit und der gestiegene Anspruch seines Besitzers, der mal ausnahmsweise nicht frustriert auf der Strecke geblieben ist und dieses wunderbare Hobby aufgegeben hat, sondern sich an einem anders geartetem Volumen orientiert und dies exakt auf sein Aquarium übertragen möchte.

Das Objekt seiner Begierde ist im deutschen Zoofachhandel nicht erhältlich, jedoch als Vorlage recht zweckdienlich. Das eigene Becken und dessen Abdeckung müssen also improvisiert, oder wie ich es ausdrücke – getunt werden. Vorweg möchte ich sagen, dass hierzu eine gehörige Portion Idealismus gehört und etwas Geld. Beides ist zwingend notwendig. Idealismus, um nicht auf halber Strecke zu verhungern, Geld, um die notwendigen Bauteile zu kaufen.

Aquariumtuning

Was genau kann an einem Aquarium getunt werden? Zum einen das Aquarium selbst, genauer gesagt, der Filter, zum anderen die BeleuchtungIst der serienmäßige Filter etwa nicht gut genug? Er war doch bei dem Set dabei und funktionierte recht gut. Na ja, im Grunde genommen erfüllt er seinen Zweck, mehr aber auch nicht. Nun bietet der gut sortierte Fachhandel für diese Fälle die nächst effizientere Stufe an, nämlich einen Außenfilter. Okay, das Argument – mehr Filtervolumen ist zutreffend. Risiken werden in der Regel ausgeklammert.

Bleiben wir beim Filtervolumen. Der empfohlene Außenfilter für unser Aquarium hat ein Filtervolumen von 2,3 Liter und ist sogar etwas überdimensioniert, was  nicht zum Schaden ist. Korrigieren lässt sich dies über den Absperrhahn der Druckseite, so dass dadurch die Umwälzleistung gedrosselt wird.

9 Liter Filtervolumen

Bild: Aquariumtuning / Seitenansicht auf den Dreikammerfilter in einem getuntem 60er Waterhome SetWas aber, wenn anstatt des Außenfilters, ein Filter direkt in das Aquarium eingebaut wird und so 9 Liter Filtervolumen entstehen, sowie die gesamte Technik, sprich Heizstab und Förderpumpe darin verschwinden. Das macht die ganze Geschichte doch viel kompakter und zugleich sicherer. Abgesehen von den 10 Zentimetern, die wir für den Filtereinbau von der Gesamtlänge des Aquariums abgetrennt haben, die im nach hinein jedoch nur unwesentlich das Wasservolumen schmälern, haben wir trotzdem noch eine relativ große Grundfläche zum Bepflanzen.

Schauen wir uns  jetzt den Lichtkasten etwas genauer an, so stellen wir  fest, dass es doch nicht so schlecht war, den Filter auf diese Weise einzubauen. Denn unsere Beleuchtung fängt erst weit von den Außenkanten des Lichtkastens an.

Dunkelzonen durch uneffektive Beleuchtung

Auf jeder Seite des Lichtkastens sind ca. 10 Zentimeter Platz, die nicht beleuchtet werden. Es entstehen so genannte Dunkelzonen. Leider sind die Leuchtbalken und Leuchtstoffröhren standardisiert, so dass jeder Lichtkasten nur die dafür vorgesehenen Lichtbalken aufnehmen könnte. Ich habe jetzt bewusst das Wort „könnte“ benutzt. Denn hier ist der Ansatz zum Tunen des Lichtkastens gegeben. Und damit auch die Lösung des nur zu bekannten Lichtproblems und das Ende vergammelter Pflanzen. Denn es gibt mittlerweile  Pflanzen, die einen höheren Lichtanspruch haben. Da genügt es nicht, mal eben nur eine einflammige oder zweiflammige Abdeckung mit drittklassigen Leuchtstoffröhren auf den Markt zu werfen. Hier hilft auch kein erstklassiges Foto auf dem Karton. Denn dies verspricht mehr als das Produkt halten kann. Nein, hier muss schon etwas mehr kommen. Noch dazu haben wir es in unserem Fall mit einem Waterhome Aquarium zu tun. Wir rüsten jetzt die Kiste auf 4 Leuchtstoffröhren auf. Na, die Rechnung gefällt dem Fachhandel schon eher. Oder etwa nicht? Jetzt ist richtig Geld verdient. Bausatz, Leuchtstoffröhren und Reflektoren. Da leuchten nicht nur die Röhren, sondern die Augen aller Beteiligten.

Aquariumtuning – Die Sonne geht auf

Bild: Aquariumtuning / Es geht auch ohne Industrie. Die erste modifizierte Waterhome-Abdeckung mit 4 x 15 Watt.Insgesamt 4 x 15 Watt lassen jetzt in unserem 60er Waterhome-Aquarium, die Sonne aufgehen. Das ist die Rettung für jedes gebrauchte Becken, was sonst im Keller landen würde. Denn jetzt macht Aquaristik wieder richtig Freude und bekommt den Anspruch den sie verdient. Nebenbei bemerkt: die Originallampe taugt in der Wurzel nichts. Sie reicht bestenfalls dazu aus, um Erdbeerpflanzen zu beleuchten. 

Bild: Aquariumtuning / 60er Waterhome Set im bepflanzten Zustand.Mein Tipp an den Fachhandel – machen Sie sich ein bisschen mehr Gedanken um die Ansprüche und Bedürfnisse Ihrer Kunden. Meine Empfehlung an die Industrie – pennt weiter. Das ruft andere auf den Plan.

In diesem Sinne – weitermachen.

Die Illusion von Wertarbeit

P.S. Montag, der 19.11.2012 war das Aus für dieses wunderschöne Aquarium. Es war am Tag zuvor, einem Sonntag, unbemerkt ausgelaufen. Was war passiert: Eine Silikonnaht hatte sich an der Rückwand komplett gelöst.  Monate zuvor musste ich bereits die Frontseite nachbessern. Wassertropfen am Fußboden waren die erste Warnung. Der Unterschrank, der langsam aufquoll, eine weitere. Zeit zu handeln – Unterwasserkleber einsetzen. Zwei Tage Ruhe, das Tropfen geht weiter – die nächste Ausbesserung steht an. Zusätzliche verklebte Aluminiumwinkel an den Außenkanten stoppten  den Wasserfluss komplett – sah  noch dazu gut aus. Die hinteren Klebenähte erweckten einen guten Eindruck… Doch dieser Eindruck war eine Illusion, wie sich kurze Zeit später herausstellen sollte.

Vier Jahre hatte dieses Industriebecken gehalten. 49,99 € war der Anschaffungspreis. Mehr kann der Käufer wohl nicht erwarten. Was ich daraus gelernt habe: entweder so einen Kernschrott  gar nicht erst anzufassen, oder derartig das Teil zu improvisieren, das nichts dem Zufall überlassen wird. Also von vornherein schon ringsherum die Klebenähte zu verstärken. Fragt sich nur? Wie viel Vertrauen hat der Kunde in so ein Produkt, von dem er weiß, dass er es nachbessern muss? Übrigens, die 80 cm Serie des selben Herstellers ist genauso fehlerbehaftet. Auch hier kamen regelmäßig Becken zurück und mussten getauscht werden. Einige sogar vor Ablauf der Garantie.

Fazit: Der Kunde ist der Versuchsidot

Schwerpunkt Aquaristik

„Wir müssen die Begeisterung für das Tier kommunizieren“. Zitat pet 11/2006.

Ich denke nicht, dass die Ursache im falschen Vertrieb von Aquarien und Zubehör liegt. Sicher ist der Verkauf von Komplettsets im Aldi oder Lidl nicht besonders Verkaufs fördernd für die Zoofachhandlungen, die gern dieses Geschäft mitgenommen hätten. Jedoch eins ist klar, der Kunde wird keineswegs die Fachberatung im Discounter suchen, sondern den nächsten Zoofachhandel ansteuern, um dort den Rest für sein billig erstandenes Komplettset zu holen.

Schwerpunkt Aquaristik – Das Zusatzgeschäft

In diesem Fall sollte der Zoofachhandel gut vorbereitet sein und dieses so genannte Zusatzgeschäft mitnehmen. Gerade mit dem Zubehör bzw. mit der Grundausstattung ist doch das meiste Geld verdient. Der Kunde benötigt Nährboden, Kies, Pflanzen, Wurzeln, diverse andere Einrichtungsgegenstände etc. Statt dem Kunden böse zu sein, dass er sein Aquarium woanders gekauft hat, sollte sich der Zoofachhandel lieber darauf  konzentrieren genau diese Kunden an die Hand zu nehmen, damit  von Anfang an eine erfolgreiche Aquaristik ohne Rückschläge garantiert wird.

Aquaristik ohne Rückschläge!

Das kann folgendermaßen geschehen. Sobald der Kunde bei mir im Geschäft ist muss ich mich speziell auf sein Aquarium einstellen. Das heißt, abgesehen von all den Dingen die noch zu einem Aquarium gehören, das ich die Bepflanzung genau auf seine Beleuchtung abstimme. Hierzu sind natürlich entsprechende Kenntnisse seitens des Verkäufers notwendig. Meistens beginnt hier schon das Dilemma.

Wir gehen jetzt einfach mal von einer positiven Situation aus, von einem gut geschulten Verkäufer aus, der sich auch in seiner Freizeit mit dieser Thematik auseinandersetzt, sich weiterbildet, Zusammenhänge in der Wasserchemie erkennt, physikalische Gesetzmäßigkeiten berücksichtigt und die Biologie nicht aus dem Auge verliert. Genau mit so einem Verkäufer haben wir es jetzt zu tun.

Den Kunden an die Hand nehmen

Im optimalsten Fall nimmt der Verkäufer  den Kunden an die Hand, wählt die Pflanzen für ihn aus, erklärt ihn auch warum keine anderen in Frage kommen, bewahrt ihn somit schon vor ersten Rückschlägen bezüglich vergammelter Pflanzen. Der nächste Schritt ist ein Pflanzplan, so dass der Kunde nachvollziehen kann, wo welche Pflanze gesetzt wird. Kein Standardwerk, immer speziell für den jeweiligen Kunden. Der spätere Fischbesatz sollte im Vorfeld auch geklärt sein.

Nun das Wichtigste von allem, ein Pflegeplan für den Kunden, aus dem hervorgeht, was die nächsten 3 Wochen zu tun ist, bevor die ersten Fische eingesetzt werden. Der Pflegeplan kann ohne weiters ein Standardwerk sein, der bereits als gedruckte DIN A4 Version bereitliegt. Platz für zusätzliche Eintragungen, wie die Beleuchtungsstärke, Röhrenanzahl, Beleuchtungsdauer, Düngezugaben in ml sollten freigelassen werden, weil diese bei jedem Kunden und Aquarium individuell sind. Wasseraufbereiter, Bakterienstarter, Pflanzendünger sollten mit eingetragen sein, so stellt sich im nach hinein nicht mehr die Frage: was nehmen?

Schwerpunkt Aquaristik – Wassertest

Ganz wichtig ist die Geschichte des Wassertest, auch dieser Hinweis gehört in den Pflegeplan. Der Kunde sollte sich die wichtigsten Tests selber kaufen und testen. Aber nicht mit dem klassischen Steifen, sondern mit genaueren Flüssigtests. Unmerklich übernimmt der Kunde so immer mehr die Verantwortung für sein Aquarium. Wir sind immer noch beim Pflegeplan, der so gestaltet ist, dass der Kunde bis zur 5. Woche begleitet wird. Die ersten 3 Wochen sind die Kritischsten. Sie beinhalten die Einfahrphase, erste Algenbildung, Nitritanstieg zu Nitratumwandlung.

Was ist eine seriöse und langfristige Kundenbeziehung?

Keineswegs sollte dem Kunden vorgaukelt werden, er könne bereits nach 24 Stunden Fische einsetzen. Ich halte diese Variante für unseriös und fahrlässig. Es ist mir auch völlig Wurst, dass es Präparate gibt, die ausloben, dass es möglich wäre.

Ich persönlich benutze sie nicht. Ich erkläre lieber dem Kunden, dass es sinnvoller ist, sein Aquarium auf normale Weise einfahren zu lassen. Selbstverständlich dürfen biologische Starter verwendet werden, die die Bakterien unterstützen, aber nicht um die Natur zu manipulieren. Nach 3 Wochen, nachdem auch die Pflanzen etwas festgewurzelt sein sollten, macht man gemeinsam mit dem Kunden noch mal ein Wassertest, um sicher zu stellen, dass gefahrlos die ersten Algenfresser eingesetzt werden können. Der Kunde kommt immer noch zu mir. Warum? Er hat Vertrauen zu mir. Es würde ihm nicht im Traum einfallen, woanders hinzugehen.

Kundenbindung und Vermeidung von Bonbongläsern

Die Geschichte geht weiter: Die ersten Algenfresser 6 Otocinclus schwimmen bereits im Aquarium, dem besagten Billigset. Warum Otocinclus? Weil die nicht so groß werden, wie der klassische Antennenwels und mit zunehmenden Alter faul. Eine Woche Pause, dann können die nächsten Fische eingesetzt werden. Das Aquarium bekommt Stück für Stück Wasserbelastung. Es ist wichtig, dass der Kunde diesen Vorgang begreift. Im Normalfall würde jetzt jeder Kunde dazu übergehen, sein Bonbonglas zu kreieren, drastischer ausgedrückt, von jedem Dorf nen Köter. Theoretisch könnte er das so tun, praktisch jedoch greif ich in das Geschehen ein. Denn hier läuft der Kunde Gefahr, durch Unkenntnis gravierende Fehler zu machen. Ich stell ein paar gezielte Fragen bezüglich der Fischprioritäten, in welche Richtung es gehen soll, finde dabei heraus, welche Fische sind Nummer 1, Nummer 2 usw. Nummer 1 sind zum Beispiel der rote Neonsalmler.

Nun die obligatorische Frage des Kunden „wie viel kann ich davon nehmen oder wie viel sollten es sein, obligatorische Antwort 6 -10. Was sagt der Kunde? „Dann nehm ich mal 6 rote Neon“, damit noch Luft für genügend andere Fische ist, denn er hat in seinem Kopf immer noch das bunte Bonbonglas. Einzelfall? Nein, jahrelange Erfahrung, täglich im Zoofachhandel erlebt. Also was tun? Dem Kunden mal eine völlige neue Aquaristik vorstellen, einen geistigen Film vor seinen Augen  ablaufen lassen, wie das Aquarium mit 20 roten Neon aussieht, in Kombination mit 13 schwarzen Phantomsalmlern, plus ein Pärchen friedliche Schmetterlingsbuntbarsche, so dass am Ende ein gesunde Harmonie entsteht.

Das ist die Aufgabe des Zoofachhandels, den Kunden auf diese Weise zu lenken, ihm zu zeigen, dass es auch anders geht, ihm auch mehrere Varianten aufzuzeigen, so dass er sich nicht festgenagelt sieht, selbst entscheiden kann, aber immer mit hilfreicher Unterstützung. Daran muss unser Zoofachhandel sehr intensiv arbeiten.

Schwerpunkt Aquaristik – Langfristiges Vertrauen aufbauen

Habe ich jetzt den Kunden so weit, dass er mir gänzlich vertraut, kann ich weiter mit ihm arbeiten. Nun zeige ich ihm die Möglichkeiten, wie er sein Aquarium tunen kann, um es leistungsstärker zu machen, denn er hat in der Zwischenzeit mitbekommen, dass es auch andere Pflanzen gibt, die so ganz anders aussehen, die in seinem Aquarium nicht stehen, er aber gerne hätte. Ich zeige ihm jetzt, wie er sein Becken mit Beleuchtung nachrüsten kann, vorher zeige ich ihm ein Aquarium, in dem dies schon serienmäßig eingebaut ist. Der Kunde begreift, er möchte auch so ein Aquarium. Das Budget sagt momentan nein, der Gedanke aber reift.

Bild: Schwerpunkt Aquaristik / Glomat 2 mit 20W Leistung, 2 Arcardia Freshwater und 2 Reflektoren von JuwelNun denn, rüsten wir erstmal sein kleines Aquarium auf. Als Zoofachhändler war und ist dies für mich kontinuierliche Realität. Ich habe in einem Jahr 50 Aquarien aufgerüstet. Die Bausätze (Glomat 1 und 2, elektronische Betriebseinheit für 1 oder 2 Leuchtstoffröhren) der Firma Hagen boten sich dafür wunderbar an. Die ersten Umbauten dauerten ca. 20-30 Minuten, mit der Zeit entwickelte ich dafür eine regelrechte Routine, so dass der Umbau später  nur noch wenige Minuten in Anspruch nahm. Der Umsatz ging natürlich entsprechend nach oben, sowohl in der Kasse, als auch der Ware. Der Bausatz liegt im Verkauf zwischen 25-30 Euro, je nach Ausführung, hinzukommen die Röhren und Reflektoren, so dass am Ende 60-120 Euro zu Buche standen. Den Einbau habe ich bei diesen Größenordnungen gratis gemacht, quasi als Dienstleistung.

Es war eine Freude, den Vorher – Nachher Effekt vorzuführen und dabei den Kunden zu beobachten. Die Investition war schnell vergessen, was folgte waren Resultate. Umgestaltung des Aquariums mit sensibleren Pflanzen und die Bereitschaft für weitere Investitionen, sprich CO 2 Anlage, Futterautomat und all die Sachen, die ein gut sortierter Fachhandel zu bieten hat.

Fazit: Der Kunde muss nur an die Hand genommen werden, ich muss in der Lage sein, meine Begeisterung für dieses wunderbare Hobby auf den Kunden übertragen zu können. Das allerwichtigste jedoch ist: Den Kunden nicht zu verscheißern und mal ruhig das ein oder andere Produkt, von dem ich nicht so überzeugt bin, wegzulassen. Ich denke langfristige, seriöse Geschäfte mit dem Kunden sind auf die Dauer besser, als das unsaubere kurze Geschäft.