„Wie aus einem hässlichen Entlein…“
…oder wie aus einem vernachlässigten Aquarium ein echtes Schmuckstück wurde.
Ausgangssituation
Im Gespräch mit einer Freundin erfuhr ich beiläufig, dass ihr Sohn ein Aquarium besaß, sich jedoch kaum darum kümmerte. Sie spielte bereits mit dem Gedanken, das Becken abzubauen und die verbliebenen Fische kurzerhand zu entsorgen. Nach einer Besichtigung am 1. August 2006 konnte ich ihre Frustration gut nachvollziehen.
Der erste Eindruck: Ein Fall für den Neuanfang
Das Aquarium befand sich in einem stark vernachlässigten Zustand – ein trauriger Anblick. Der abgesenkte Wasserstand sprach für sich, und die willkürlich aufgeschichtete Geröllhalde zeugte von wenig Sachverstand und Engagement des damaligen Besitzers. Ich bot an, das Aquarium grundlegend umzugestalten. Nach Zustimmung der Mutter übernahm sie offiziell das Becken – und entwickelte sich rasch zur begeisterten Aquarianerin.
Steckbrief des Aquariums:
Maße: 80 x 30 x 40 cm (ca. 96 Liter)
Beleuchtung: 1 x 20 Watt T8 Leuchtstoffröhre (Aqua Glo)
Filter: Alter Innenfilter, stark veraltet und laut (Marke unleserlich)
Heizung: Nicht vorhanden
Einrichtung: Grotten-Puzzle-Dekoration, kunststoffbeschichteter Quarzkies, einige Welse
Die Verwandlung beginnt
Das Aquarium erhielt einen maßgeschneiderten, fest verbauten Dreikammer-Innenfilter von Arnold Design Aquarien mit einem Gesamtvolumen von 12 Litern. Die mittlere Kammer (etwa 4 Liter) nahm das Filtermaterial auf. Die äußeren Kammern dienten als Ansaug- und Pumpenkammer; letztere konnte bei Bedarf zusätzlich mit Spezialmedien wie Torf oder Aktivkohle bestückt werden. Der Heizstab wurde dezent in der Ansaugkammer integriert.
Beleuchtung und Hintergrund
Die Abdeckung wurde mit einem Glomat-2-Bausatz (Hagen) modifiziert und konnte nun zwei zusätzliche 20-Watt-Arcadia Freshwater-T8-Röhren aufnehmen – ein echtes Upgrade in Sachen Lichtversorgung und ein großer Fortschritt gegenüber dem ursprünglichen Zustand. Die Rückwand erhielt einen satten, blauen Anstrich mit Acrylfarbe, aufgetragen mit einer feinen Schaumstoffrolle. Vorteil: Acrylfarbe lässt sich bei Nichtgefallen rückstandslos entfernen.
Auch die Unterlage wurde ausgetauscht: Statt eines Handtuchs kam nun eine 4 cm starke Styroporplatte zum Einsatz, farblich passend in Blau. .
Die sichtbare Technik wurde ästhetisch verdeckt: Die Filterkammer wurde mit Folie kaschiert, sodass der Heizstab nur noch schemenhaft zu erkennen war.
Die Bepflanzung – Schritt für Schritt
Am 18.
August 2006 erfolgte die Bepflanzung gemäß einem zuvor erarbeiteten Pflanzplan. Das Ergebnis: ein harmonisches, natürlich wirkendes Becken – aus dem „hässlichen Entlein“ war ein stattlicher „Schwan“ geworden.
Nach einer dreiwöchigen Einfahrphase – konservativ, aber bewährt – konnten die ersten Fische einziehen.
Erstbesatz – Leben kehrt ein
In der vierten Woche nach dem Umbau war es so weit: Die ersten Bewohner, sechs Otocinclus (Ohrgitter-Harnischwelse), wurden eingesetzt. Während der Einfahrzeit wurden wöchentliche Teilwasserwechsel durchgeführt. Ab der zweiten Woche kam Eisendünger zum Einsatz – nicht nur zur Förderung des Pflanzenwachstums, sondern auch zur Unterstützung der Vermehrung nitrifizierender Bakterien, die auf Eisen angewiesen sind. Das Ergebnis: kein nachweisbares Nitrit, optimale Bedingungen für den Erstbesatz.
Eine Woche später folgte ein kleiner Schwarm schwarzer Phantomsalmler (9 Tiere), bei denen sich bereits die Geschlechter anhand der Flossenfärbung unterschieden. Noch eine Woche darauf kamen 20 Rote Neons (Cheirodon axelrodi) sowie einige in Quarantäne gehaltene Panzerwelse hinzu.
Das Becken hatte nun eine ausgewogene Besatzstruktur und strahlte jene Ruhe und natürliche Harmonie aus, die das Wesen eines gut eingerichteten Aquariums ausmacht.
Ein Bonbon zum Schluss
Was noch fehlte, war das gewisse Etwas – das „Sahnehäubchen“. Vielleicht ein Pärchen Schmetterlingsbuntbarsche? Wir werden sehen, wohin die Reise noch führt.
Geschichte wäre nicht Geschichte,…
…wenn es nicht auch eine andere Seite gäbe, nämlich die, die man am liebsten verschweigt, wenn Probleme auftauchen und man an sich selbst zweifelt.
In meinem Fall ist es die zuvor beschriebene Geschichte vom hässlichen Entlein. Es lief nicht immer alles so glatt, wie es vielleicht die Fotos vorgaukeln. Sie zeigen ein Aquarium in der schönsten Perspektive, gesunden Pflanzenwuchs, ein Wasser klar wie ein Gebirgsbach. Jedoch den Aufwand, der dahinter steckt, können Bilder nicht vermitteln. Deshalb möchte ich einmal darüber berichten, mit welchen Widrigkeiten ein Aquarianer zu tun hat: das von mir eingerichtete und auf Wunsch der Kundin mit normalem Leitungswasser gefüllte Becken, durchlebte wie jedes neue Aquarium die so genannte Einfahrphase, die aber anders als von mir geplant verlief.
Weiches Wasser
Ursprünglich hatte ich mich mit der Kundin so geeinigt, dass sie eine Regentonne aufstellt um Regenwasser aufzufangen. Regenwasser zum Verschneiden mit Leitungswasser. Die Ausgangssituation in Ribnitz-Damgarten sieht so aus, dass wir kein besonders gutes Leitungswasser haben, zumindest nicht um problemlos Aquaristik betreiben zu können. Deshalb entschloss ich mich bei diesem Aquarium zur Regenwasservariante. Soweit, so gut dachte ich, hatte aber nicht damit gerechnet, dass die Kundin vor einem Riesenproblem stand. Wo die Regentonne aufstellen, wo besorgen und das größte Problem war das Verständnis – warum überhaupt dieser ganze Aufwand? Ist doch viel bequemer, das Wasser aus dem Hahn zu nehmen. Ich vermute mal, dass ihr die Zusammenhänge nicht ganz klar waren, selbst nach vorher intensiv geführten Gesprächen nicht. Verübeln kann man ihr es nicht. Sie wurde mehr oder weniger zwangsrekrutiert zur Aquarianerin. Also noch mal von vorn, alles erklären was passiert, wenn ich Regenwasser einsetze. Kurz und gut, wir setzten Regenwasser beim nächsten Wasserwechsel ein. Zu diesem Zeitpunkt waren bereits zwei oder drei Wochen vergangen. Das Becken sah nicht gut aus, total veralgt mit grünen Fadenalgen. Da ich bereits die Story auf meiner Internetseite veröffentlicht hatte, konnte ich mir natürlich kein Armutszeugnis ausstellen und die Kundin mit ihrem Problem alleinlassen. Also versprach ich ihr, das Aquarium so lange zu betreuen, bis es die kritische Zeit überwunden hat. Was jetzt folgte war ein Zeit der ganz allmählichen Umstellung der Wasserparameter. Allmählich deshalb, weil ich das Wasser transportieren musste, in dafür geeigneten Gefäßen, die natürlich nicht vorhanden waren. Also improvisieren – mit wieder verschließbaren Eimern, Plastiktüten in Eimern, die ich einfach für den Transport zuknotete. Ich hatte keine Lust, noch zusätzlich in Kanister zu investieren, was so auch nicht geplant war. Aber die Variante mit den Eimern funktionierte sehr gut. Letztendlich landete das Regenwasser im Aquarium, verschnitten mit Leitungswasser. 3 Teile warmes Leitungswasser und 7 Teile Regenwasser, gerechnet auf einen 10-Liter Eimer. Von Woche zu Woche verbesserte sich der Zustand des Aquariuminneren. Die Fadenalgen lösten sich langsam auf. Aber irgendetwas stimmte immer noch nicht. Es dauerte mir einfach zu lange dieser Prozess. Zehn Wochen waren vergangen und ein paar Fadenalgen waren noch da. Zwar ließen sie sich mittlerweile gut absaugen, traten aber eine Woche später wieder auf. Ab der dritten Woche hatte ich vorsichtig mit dem ersten Fischbesatz begonnen und ihn Woche für Woche weiter aufgestockt, damit das Becken langsam Belastung bekommt. Gefüttert wurde nach meinen Anweisungen, vorsichtig – dachte ich zumindest, da lag nämlich das Problem. Woher soll auch jemand wissen, der vorher nie etwas mit Fischen zu tun hat, was das richtige Maß ist? Trotz Dossierlöffel kann man Fische fett füttern. Ein Löffel gestrichen voll oder lieber doch mit Berg? Die Fische sehen doch alle so verhungert aus. Ruckzuck ist mehr organische Belastung im Wasser als geplant. Und für mich natürlich nicht sofort nachvollziehbar. Jedoch kenn ich meine Pappenheimer, ein Blick in die Futterdose genügte um zu sagen „Maß halten“. Die Fische sollen nicht fett werden sondern nur durchhalten. Die meisten Fische sterben eher an Herzverfettung als an Altersschwäche. Nachdem wir jetzt dieses Problem mit dem Futter auch geklärt hatten, begann die Pflege des Aquariums langsam Spaß zu machen und plötzlich, von einer Woche zur anderen, waren die Fadenalgen weg. Ab diesen Zeitpunkt war es ein Kinderspiel, so wie Kindergeburtstag mit Topfklopfen. Ich bereitete die Kundin darauf vor, dass sie es von nun an selbst kann und ich nur noch im Notfall einspringe. Ich glaube, sie hatte sich schon daran gewöhnt, dass jemand für sie den Job macht. Eine schöne Vorstellung aber sie muss jetzt selbst die Verantwortung für ihr Aquarium übernehmen und auch die damit verbundene Arbeit. Was möchte ich damit sagen? Jeder muss für sich selbst und die ihm anvertrauten Tiere die Verantwortung übernehmen, einige Zusammenhänge erkennen und ein gewisses Verständnis für die Dinge entwickeln, die notwendig sind um eine erfolgreiche Aquaristik praktizieren zu können. Ende der Story